Starthilfe für Jungunternehmen in der Medizin

Schwerpunkt
Ausgabe
2023/34
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2023.22052
Schweiz Ärzteztg. 2023;104(34):75-77

Publiziert am 23.08.2023

Förderung Mehr als 2000 Firmen werden in der Schweiz jährlich im Gesundheitssektor gegründet. Sogenannte Start-Ups boomen, brauchen jedoch oft in verschiedenen Bereichen etwas Hilfe. Mehrere Schweizer Organisationen haben sich die Begleitung und Unterstützung von Start-Ups zur Aufgabe gemacht.
Das Gesundheitswesen steht vor grossen Herausforderungen. Gleichzeitig sind die Möglichkeiten in der Medizinbranche dank der Fortschritte in den Bereichen Forschung und Technologie so überwältigend wie noch nie. Kein Wunder, dass sich innovative Köpfe mit ihren Ideen einen Platz im hart umkämpften Markt der Healthcare-Branche sichern wollen. Im Jahr 2021 wurden in der Schweiz 2500 Neugründungen im Gesundheitswesen gewagt. Viele scheitern jedoch bereits in der Anfangsphase. Fünf Jahre nach der Gründung muss jedes zweite Start-Up aufgeben, so das Bundesamt für Statistik.
Einerseits kämpfen Healthcare-Startups zwar mit den gleichen Herausforderungen wie junge Firmen aus anderen Branchen. Andererseits haben sie jedoch häufig spezifische Fragen, beispielsweise zu medizinischen Fachbereichen oder Zertifizierungsverfahren und finden nicht auf Anhieb die richtigen Ansprechpartner. Gleichzeitig fehlt es Start-Up-Gründerinnen und -Gründern häufig an Kontakten, weshalb der Netzwerkaufbau neben den bereits erwähnten Punkten, ein weiteres Anliegen ist, bei dem Organisationen wie «Swiss Healthcare Startups» oder das «digital healthcare center» entscheidende Hilfe leisten können. Beide Unternehmen verstehen sich als Brückenbauer zwischen Jungunternehmen und etablierten Akteuren – mit einem einzigen Ziel: die Start-Ups zu begleiten und auf dem hart umkämpften Markt des Gesundheitswesens wettbewerbsfähig zu machen.
Am Anfang steht eine innovative Idee: Auf dem Weg zum Erfolg benötigen junge Unternehmen jedoch oft professionelle Beratung und praktische Hilfe.
© Mika Baumeister / Unsplash

Türöffner für Healthcare-Start-Ups

Healthcare Start-Ups tun sich schwer, ihre Lösungen zeitnah auf den Markt zu bringen. Vielfach fehlt es an Wissen um Prozesse, Regulatorien oder an relevanten Kontakten, um in der Entwicklung schneller voranzukommen. Hier setzt das digital health center bülach (dhc) an: Es ist Türöffner und Brückenbauer zwischen Start-Ups und etablierten Unternehmen.
Das dhc ist ein als Verein organisiertes, interdisziplinäres Netzwerk, das seit Mai 2022 aktiv ist und die Vision verfolgt, mit seinen Mitgliedern und Partnern den vielfältigen Herausforderungen der Digitalisierung gemeinsam zu begegnen. Der Verein unterstützt den Netzwerkaufbau, fördert die Zusammenarbeit, ermöglicht einen pragmatischen Erfahrungs- und Wissensaustausch unter Gleichgesinnten und vermittelt neue Themen und Technologien mittels unterschiedlichen Weiterbildungsformaten (Webinare, Workshop, Live-Events).
Seit der Eröffnung ist der Verein von 8 auf 45 Unternehmen gewachsen und darf Start-Ups, Selbständige, KMUs und etablierte Branchenplayer wie die Hirslanden-Gruppe, die Helsana-Gruppe oder das Kantonsspital Winterthur zu seinem Netzwerk zählen.
2019 wurde die Idee des Innovationszentrums dhc ins Leben gerufen.
© dhc bülach

Anliegen, mit denen Healthcare-Start-Ups auf das dhc zukommen

Start-Ups aus dem Gesundheitswesen haben einerseits dieselben klassischen Fragen wie Start-Ups aus anderen Branchen: es sind Themen rund um Gründung, Finanzierung, Businessmodelle oder zu Vertriebs- und Markteintrittsstrategien. Hier helfen unsere Mitglieder und Partner mit gezieltem Coaching und Consulting weiter.
Andererseits sind es spezifische Fragen zu medizinischen Fachbereichen, zu Prozessen, Zertifizierungsverfahren, Zulassungsverfahren oder zu Vergütungsmodellen. Für uns ist es zentral ein diverses Kontaktnetzwerk von Experten und Spezialisten zu haben, welches bei Bedarf gezielt, unkompliziert und zeitnah aktiviert werden kann.
Häufig fehlen innovativen Jungunternehmen die nötigen Kontakte, so dass sie das dhc als Plattform nutzen, um ihr eigenes Netzwerk auf- und auszubauen. Das dhc agiert somit als Türöffner und stellt den Erstkontakt zu relevanten Personen und Entscheidern z. B. in Spitälern, Krankenkassen, Altersheimen oder zur Ärzteschaft her. Letzteres ist nach wie vor eine Herausforderung, weil es an Zeit und leider immer noch zu oft an Interesse fehlt, sich mit Start-Ups auszutauschen und sie als Partner und weniger als Konkurrenten zu sehen.
Weiter sind viele Start-Ups auf der Suche nach Pilotierungspartnern, die ihre Lösungen testen und ihnen so Praxisfeedback zur Weiterentwicklung liefern – auch hier hilft das dhc weiter.

Funktionierende Zusammenarbeit von Start-Ups mit etablierten Unternehmen

Diese Kooperation funktioniert immer besser. Start-Ups gehen zusehends professioneller und besser vorbereitet in Gespräche mit Experten und Corporates – diese wiederum haben langsam ihre Scheu abgelegt und zeigen sich mittlerweile sehr offen und zugänglich für innovative Ideen. So schaffen hoffentlich bald einige neue und vor allem nutzenstiftende Ideen und Lösungen den Markteintritt und halten Einzug im Alltag von medizinischen Fachpersonen.
Stefan Lienhard
Seit 2008 im Gesundheitswesen (Hirslanden-Gruppe, Sanitas Krankenversicherung und Schulthess Klinik) tätig. Seit Februar 2022 ist er CEO des digital health center bülach (dhc).

Innovationstreiber: Swiss Healthcare Startups

Die Verwaltung von Patientendaten durch Leistungserbringer, die Planung von Terminen oder die vielfältigen Anwendungsgebiete von Applikationen – die Ära der Digitalisierung ist hier, und sie hat das Potential, die Art und Weise, wie wir Medizin praktizieren und erleben, grundlegend zu verändern.
Mit zunehmender Fragmentierung der Datenlandschaft und Komplexität des Ökosystems wächst das Bedürfnis nach Kollaboration. Ein wichtiger Akteur in diesem dynamischen Umfeld ist Swiss Healthcare Startups (SHS). Gegründet im Jahr 2016 hat sich SHS als führender Innovationsmotor in der Schweizer Gesundheitslandschaft etabliert. Aber was genau macht SHS? Mit einem Netzwerk von über 640 Start-Ups und Partnern aus Industrie, Politik, Investoren und akademischen Institutionen ist SHS sowohl Ökosystembauer als auch Matchmaker im Gesundheitswesen.
Bietet Lösungen an: das grosse Netzwerk Swiss Healthcare Startups.
© Per Lööv / Unsplash

Interaktive digitale Kooperation

Die Rolle von SHS als Vermittler basiert auf dem grossen Netzwerk sowie auf der umfangreichen Datenbank namens CORTEX. Mit der größten Sammlung von Gesundheits-Start-Ups in der Schweiz dient CORTEX als effektives Instrument zur Verbindung von Start-Ups mit relevanten Akteuren im Netzwerk. SHS erleichtert so die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen den unterschiedlichen Playern im Gesundheitswesen. Vielversprechende Start-Ups erhalten Zugang zu Industriepartnern, potentiellen Investoren und politischen Entscheidungsträgern. Diese Synergie bietet nicht nur Start-Ups Unterstützung, sondern ermöglicht es auch der Industrie und Politik, innovative Ideen und Lösungen aktiv zu fördern.
Diese konzertierte Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren im Gesundheitswesen trägt dazu bei, bahnbrechende Innovationen auf den Weg zu bringen und den Fortschritt im Gesundheitswesen voranzutreiben. SHS stellt diese Erfolgsgeschichten und Innovationen, unter anderem auf ihrem jährlichen «Digital Health Day» vor – einem Forum, das zum Austausch von Erfahrungen, zur Diskussion über Herausforderungen und zur Präsentation neuer Lösungen einlädt.

Optimierung der Marktfähigkeit

Ein deutlicher Trend bei Startups liegt in der Entwicklung digitaler Lösungen im Bereich Wellness und Gesundheit, sofern diese für medizinische Zwecke bestimmt sind (Medizinprodukte, auch bekannt als «Digital Therapeutics» (DTx). Digitale Therapeutika bieten innovative Ansätze zur Behandlung und Prävention von Krankheiten und haben das Potential, die Effizienz der Gesundheitsversorgung zu steigern. Die enge Zusammenarbeit mit etablierten Playern im Gesundheitswesen ist oft der Schlüssel, um diese Lösungen zu skalieren und sie in einem stark regulierten Markt wie dem Gesundheitswesen marktfähig zu machen.
In einer Welt, die zunehmend digital wird, sind Organisationen wie SHS unerlässlich, um die notwendige Kollaboration zwischen den Akteuren zu ermöglichen. SHS ist damit nicht nur ein Kollaborationsplattform, sondern auch eine treibende Kraft bei der Umsetzung von Lösungen, die das Leben der Menschen positiv beeinflussen. Sie schaffen eine Plattform, auf welcher Innovationen entstehen und sich entfalten können und spielen eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der digitalen Zukunft des Gesundheitswesens.
Angelina Rau
Ehemalige CEO a. i. von Swiss Healthcare Startups und Vorstandsmitglied. Als Rechtsanwältin bei VISCHER AG auf Life Sciences und Healthcare Law spezialisiert.
stefan.lienhard[at]dhc.zuerich
Angelina[at]swisshealthcarestartups.com

Mit der Kommentarfunktion bieten wir Raum für einen offenen und kritischen Fachaustausch. Dieser steht allen SHW Beta Abonnentinnen und Abonnenten offen. Wir publizieren Kommentare solange sie unseren Richtlinien entsprechen.