Ausbrechen aus der Langeweile, aus kreisenden Gedanken oder Frustration und sich so oft wie möglich meditierend auf die Gegenwart konzentrieren. Dieser Ansatz ist vielsprechend; bei der Umsetzung hapert es allerdings oft. Das mag daran liegen, dass die Motivation dafür zu gering ist. Wir benötigen einen gedanklichen Anreiz, der uns Sinn und Zweck eines solchen Verhaltens vor Augen führt. Hierfür bietet sich das Konzept des expliziten Denkens an. Explizites Denken bedeutet, «nur dunkel Mitgewusstes» in ausdrücklich Gewusstes umzuwandeln. Somit machen wir uns die Tatsache zunutze, dass wir uns auf einem viel umfassenderen Wissensstand befinden als noch vor wenigen Jahrzehnten und dass sich als Folge davon das Verständnis der Umstände unserer Existenz rasant verbessert hat [3]. Der Gedanke, dass wir mittels eines Fakten-Checks den Wert des eigenen Lebens womöglich besser erfassen können, indem wir es realitätsgerecht würdigen und uns somit einen Weg aus einer emotionalen Abwärtsspirale zugänglich machen, lässt sich also auch so formulieren: Wir versuchen, das Fundament unseres Denkens und Handels insofern zu erweitern, als wir uns nicht ausschliesslich an gesellschaftlich-ökonomischen Aspekten orientieren, sondern den Wert unseres Daseins auf eine Weise begreifen, die alles umfasst, was uns ausmacht. Oder in den Worten Sloterdijks: Wir begehen die Brücke zwischen Kultur – gemeint ist damit alles, was das gesellschaftliche Leben umfasst – und Natur (will heissen, wir aktivieren unser umfassendes Wissen über die Natur, deren Teil wir sind). Somit ergibt sich ein zusätzlicher Massstab zur Bewertung der Gegenwart und zum achtsamen Umgang mit ihr. Durch explizite Kenntnisnahme der sagenhaften 3,5 Milliarden Jahre dauernden Menschwerdung, des Umstandes, dass unser Planet eine ausserordentliche Stellung innerhalb unserer Galaxie innehat, sowie der Tatsache, dass wir alle Teil einer unglaublichen Dynamik sind, die sich auf Erden abspielt, die letztendlich aber auf einfachen, biodynamischen Prinzipien beruht, werden wir gewahr, in welch engem Rahmen wir uns in der Regel selbst wahrnehmen. Durch explizites Denken gelingt es, bei Bedarf in Gedanken über sich hinauszuwachsen, indem wir einen anderen Bewertungsmassstab bei der Bewältigung einer emotional belastenden Situation anwenden. Bei regelmässiger Anwendung dieses Denkprinzips kann sich mit der Zeit eine innere Haltung entwickeln, die wohl zu mehr Gelassenheit und gleichzeitig mehr «Tiefgang» zu verhelfen vermag.