Organtransplantationen am Lebensende verstossen gegen die Regeln und Standards der Wissenschaft

Briefe an die Redaktion
Édition
2022/4950
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2022.21311
Bull Med Suisses. 2022;103(4950):20

Publié le 07.12.2022

Organtransplantationen am Lebensende verstossen gegen die Regeln und Standards der Wissenschaft

Im Artikel über die Nachbefragung zur Volksabstimmung vom Mai 2022 über die Widerspruchsregelung bei der Organspende schreiben die Autorinnen und der Autor: «Ebenfalls hat ja gestimmt, wer der Wissenschaft [...] vertraut.» Das ist ein Irrtum. Die Organtransplantation am Lebensende erfüllt die Regeln und Standards der Wissenschaft nicht.
Die Medizin geht zum Beispiel davon aus, dass hirntote Menschen und Sterbende nicht erlebnisfähig sind. Dies aber lässt sich nicht wissenschaftlich beweisen, das bleibt lediglich eine Hypothese.
Auch glaubt die Medizin zu wissen, dass nur das Sterben des Hirns und nicht auch das Sterben des übrigen Körpers für den Menschen von Bedeutung ist und man daher nach dem Tod des Hirns die anderen, noch lebenden Organe bedenkenlos verpflanzen kann. Aber auch das lässt sich nicht wissenschaftlich beweisen, auch das ist eine unbewiesene Hypothese.
Zudem kann die Medizin nicht ausschliessen, dass das unvollständige Sterben ihres Körpers und das Weiterleben ihrer Organe in anderen, fremden Körpern für Spenderinnen und Spender negative Folgen hat. Die Medizin kann weder die Existenz noch die Nicht-Existenz einer unsterblichen Seele beweisen. Sollte es eine unsterbliche Seele geben, könnte diese durch das Weiterleben der Organe an das irdische Dasein gebunden bleiben, dadurch leiden und daran gehindert werden, einer möglichen Bestimmung im Jenseits zu folgen.
Nur weil Verstorbene nicht zurückkommen und sich über allenfalls erlittenes Leiden beklagen, heisst dies nicht, dass ihnen mit diesem Eingriff nicht geschadet wird. Die Aussage, Organtransplantationen am Lebensende schaden Spenderinnen und Spendern nicht, ist nicht falsifizierbar. Diese Eingriffe erfüllen den Anspruch an Wissenschaftlichkeit und Überprüfbarkeit nicht. Mit ihnen wird eine rote Linie überschritten. Sie gefährden Spendende und müssen verboten werden.
Dr. med. Alex Frei, Winterthur

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