Kopf der Woche

Neue Herzen braucht das Land

News
Ausgabe
2023/18
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2023.21799
Schweiz Ärzteztg. 2023;104(18):11

Publiziert am 03.05.2023

Organspende Der Herzchirurg PD Dr. med. Franz Immer ist seit 2008 Geschäftsführer von Swisstransplant, der Schweizerischen Nationalen Stiftung für Organspende und Transplantation. Mit Sorge beobachtet er den Mangel an Spendeorganen in der Schweiz. Die Gründe hierfür seien multifaktoriell: «Mit rund 55% ist die Ablehnungsrate in den Angehörigengesprächen eine der höchsten in Europa.» Hinzu komme ein steigender Anteil an Spendern nach Herz-Kreislaufstillstand (donor after cardiocirculatory death, DCD): «Der Anteil DCD-Spender beträgt heute rund 50%. In dieser Spendenform können weniger Organe entnommen und an Empfänger zugeteilt werden. Grund dafür ist die Schädigung der Organe im Rahmen der warmen Ischämie.» Das gestiegene Durchschnittsalter der Spender von gut 50 Jahren 2012 auf knapp 60 Jahre sei ebenfalls problematisch: «Mehr als 50% der Spender sind älter als 60 Jahre. Dies hat einen Einfluss auf die Zahl der transplantablen Organe.»
Swisstransplant
PD Dr. med. Franz Immer
CEO Swisstransplant
© Swisstransplant
Doch es gibt auch erfreuliche Aussichten. Insbesondere auf dem Gebiet der Herztransplantation setzen sich Unterstützungssysteme durch: «Die Implantation von Kunstherzen führt dazu, dass die Patienten heute nicht mehr nur stabilisiert werden können, im Sinne eines ‹bridge to transplant›, sondern vermehrt auch einer finalen Therapie zugeführt werden (‹destination therapy›), womit eine Transplantation nicht mehr notwendig ist.» Eine weitere Neuerung der vergangenen Jahre ist die sogenannte ex-vivo-Perfusion. Diese ermöglicht eine Ex-situ-Beurteilung der Organqualität sowie eine Verlängerung der zeitlichen Spanne, bis ein Organ transplantiert werden muss. An weiteren Neuerungen werde aktuell geforscht: «Die Idee, Organe ausserhalb des Körpers weiter zu optimieren, im Sinne eines ‹organ reconditioning›, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Es ist auch davon auszugehen, dass in absehbarer Zeit klinische Versuche mit Schweinenieren als Graft (Xenotransplantation) für ältere Menschen an der Dialyse vertieft evaluiert werden.» Die Transplantation menschlicher Organe bleibe aber Goldstandard in der Medizin, auch wenn diese mit einigen Herausforderungen verbunden ist. Dazu zählt vor allem die tiefe Zahl an verfügbaren Organen und die damit verbundenen langen Wartezeiten: «Heute werden oftmals Transplantationen bei Leber-, Herz- und Lungenempfängern durchgeführt, die schwer krank sind. Das beeinflusst das postoperative Ergebnis und ist mit einer sehr betreuungsintensiven postoperativen Phase und einer aufwendigen Regenerationszeit verbunden.»