Früherkennung
Jedes Jahr registriert die Krebsliga Schweiz rund 4500 neue Fälle von Darmkrebs, etwa 1700 Menschen sterben daran. Die internationale Kampagne «Blauer März» möchte für die Früherkennung des kolorektalen Karzinoms sensibilisieren. Seit Beginn der Kampagne vor vier Jahren hat sie allein in der Region Genf 120 000 Menschen erreicht.
Das HUG lud die Öffentlichkeit zur Besichtigung eines riesigen Kolon-Modells ein.
© Krebsliga Schweiz / Stefan Kubli
Am 12. März lud das Universitätsspital Genf (HUG) die Öffentlichkeit zur Besichtigung eines überdimensionierten Kolon-Modells ein. Der Rundgang beginnt beim gesunden Kolon. Im weiteren Verlauf entdecken die Besuchenden einen Kolonabschnitt mit Polypen, die sich zu Krebszellen entwickeln. Vor Ort informieren Vertretende der Fondation genevoise pour le dépistage du cancer (FGDC) und der Ligue genevoise contre le cancer die Besucherinnen und Besucher. Die Aktion «Blauer März» soll Menschen im Alter von 50 bis 69 Jahren animieren, zur Vorsorgeuntersuchung zu gehen.
Laut der Krebsliga Schweiz werden jedes Jahr rund 4500 neue Fälle von kolorektalem Karzinom diagnostiziert und fast 1700 Todesfälle registriert [1]. Auf Nachfrage der Schweizerischen Ärztezeitung erläutert Evelyne Fournier, Epidemiologin am Registre genevois des tumeurs der Universität Genf, dass von 2016 bis 2020 in Genf «jährlich fast 292 Personen von einem kolorektalen Karzinom betroffen waren; das entspricht einer jährlichen Brutto-Inzidenzrate von 47 pro 100 000 Einwohner. Im gleichen Zeitraum verstarben daran 99 Menschen pro Jahr, was einer jährlichen Brutto-Mortalitätsrate von 16 pro 100 000 Einwohner entspricht [2].»

Ein kantonales Programm

Da die Inzidenzrate mit zunehmendem Alter de facto zunimmt, bildet das kolorektale Karzinom ein Problem der öffentlichen Gesundheit. Und es steht fest, dass die demografische Alterung auch vor Genf nicht haltmacht. Kantonalen Statistiken zufolge dürfte im Jahr 2040 die Altersgruppe der ab 65-Jährigen 21,0 % der Bevölkerung ausmachen, gegenüber 16,6 % Ende 2022 [3]. Dagegen sind sich Fachleute einig, dass diese Krebserkrankungen gut behandelbar sind, wenn sie frühzeitig diagnostiziert werden. Aus diesem Grund hat Genf 2019 sein kantonales Programm lanciert [4].
Um dem demografischen Wandel vorauszugreifen und die Sterblichkeit zu senken, «hat der Bund im Jahr 2013 eine Verordnung über die Vergütung von Vorsorgeuntersuchungen durch die Grundversicherung erlassen», so Dr. med. Béatrice Arzel, Spezialistin für öffentliche Gesundheit und Direktorin der FGDC. «Im Rahmen eines kantonalen Früherkennungsprogramms präzisiert die Verordnung zum KVG, dass die Konsultation beim Hausarzt, der Test auf Blut im Stuhl und die Koloskopie für die Einwohner ausserhalb der Franchise übernommen werden.» Das sei ein finanzieller Anreiz für die Früherkennung, den Hausärztinnen und Hausärzte sowie Apothekerinnen und Apotheker bei Konsultationen hervorheben sollten, betont Béatrice Arzel.
Vier Jahre nach Beginn des Genfer Programms ist es Zeit, Bilanz zu ziehen: «120 000 Personen aus der Zielpopulation wurden ermuntert, ihren Hausarzt oder Apotheker aufzusuchen, um sich zu informieren, am Programm teilzunehmen und so Krebsfälle zu reduzieren», so Béatrice Arzel. Für Ärztinnen und Ärzte wurde zur Vereinfachung «eine spezielle Rufnummer eingerichtet, damit sie uns im Beisein ihrer Patientinnen und Patienten anrufen und sich so das Aufnahmeverfahren erleichtern können». Auch weitere Aufklärungskampagnen richteten sich an die Ärzteschaft und die Öffentlichkeit. Insgesamt wurden 8900 Personen im Jahr 2023 in das Programm aufgenommen. Die über die kantonalen Aktionspläne der Programme gewonnenen Daten werden schweizweite epidemiologische Auswertungen ermöglichen. Die erste Evaluierung für Genf sei für 2025 geplant, sagt Béatrice Arzel.

Neue Entwicklungen in den USA

Für Gesundheitsfachpersonen war an diesem 12. März ein halber Tag den medizinischen Neuheiten gewidmet. Einer der Referenten, Dr. med. Thibaud Kössler, stellvertretender Chefarzt der Abteilung für Onkologie am HUG, kündigte unter anderem wichtige Veränderungen beim Monitoring an. Die Schweizerische Gesellschaft für Gastroenterologie führt neue Empfehlungen ein, darunter «eine spezifische Nachsorge bei Kolonkarzinomen und separat bei Rektumkarzinomen», betont er.
Auf die Frage nach sich abzeichnenden künftigen Entwicklungen in der Früherkennung erklärt Thibaud Kössler, dass in den USA seit 2021 «angesichts der steigenden Inzidenz des kolorektalen Karzinoms bei Patienten unter 50 Jahren die U.S. Preventive Services Task Force das Screening-Alter für die gesamte Bevölkerung auf 45 Jahre gesenkt hat». Wird auch die Schweiz diesem Ansatz folgen müssen?