Ein stürmisches Jahr mit ungebremst hohen Zahlen

Ein stürmisches Jahr mit ungebremst hohen Zahlen

SIWF
Ausgabe
2024/16
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2024.1407371904
Schweiz Ärzteztg. 2024;105(16):30-33

Affiliations
PD Dr. med. et MME, Präsidentin SIWF

Publiziert am 17.04.2024

SIWF-Geschäftsbericht 2023
Unverändert hohe Zahlen in allen Bereichen und viele personelle Wechsel – 2023 war für das SIWF ein intensives und stürmisches Jahr. Es war aber auch geprägt von Highlights und Erfolgen. Angesichts des vielen frischen Schwungs blickt das SIWF zuversichtlich in die Zukunft.
Das Schweizerische Institut für ärztliche Weiter- und Fortbildung (SIWF) hat erneut ein stürmisches Jahr hinter sich. Nachdem die verschiedenen Bereiche bereits letztes Jahr rekordhohe Zahlen aufwiesen, gab es 2023 diesbezüglich keine Entspannung.
Mit 1927 erteilten Facharzttiteln wurde die Rekordmarke des Vorjahres um einen einzigen Titel nicht erreicht. Zu rund 3000 Titelgesuchen und Standortbestimmungen von Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung wurde Stellung genommen und es wurden rechtsverbindliche Entscheide gefällt; insgesamt 24 Weiterbildungs- (Facharzttitel und Schwerpunkte), 13 Fähigkeits- und 4 interdisziplinäre Schwerpunktprogramme wurden revidiert; 247 Anträge von nicht-fachspezifischen Fortbildungsveranstaltungen wurden beurteilt und davon 217 Veranstaltungen das Fortbildungslabel «SIWF-approved» erteilt; fast 1000 Gesuche um Anerkennung, Re-Evaluation und Umteilung von Weiterbildungsstätten – knapp 200 mehr als im Vorjahr – wurden geprüft und insgesamt 205 Visitationen durchgeführt. Dies sind nur einige Zahlen, die die Parforceleistung der Mitarbeitenden belegen.
Auch die verschiedenen Softwareapplikationen verzeichneten hohe Benutzer- und aktive Anwendungszahlen. Mit über 25 000 registrierten Benutzerinnen und Benutzern und täglich etwa 500 aktiven Anwenderinnen und Anwendern ist das eLogbuch die umfangreichste Applikation des SIWF. Mit der Weiterentwicklung der verschiedenen Anwendungen will das SIWF die digitale Transformation des gesamten SIWF und seiner Arbeitsprozesse weiterentwickeln und neue Potenziale erschliessen.
Der letztes Jahr neu geschaffene Bereich «Recht» wurde im September 2023 durch zwei Juristinnen verstärkt, damit die zahlreichen Anfragen der SIWF-Organe, Anfragen von anderen Sektionen, Kandidatinnen und Kandidaten sowie Verantwortlichen der Weiterbildungsstätten und Fachgesellschaften beantwortet werden konnten.
Auch die Anzahl Beurteilungen von Nachweisen über im Ausland absolvierte Weiterbildungen und Mailanfragen von Ärztinnen und Ärzten aus dem Ausland waren konstant hoch geblieben.
Erteilte eidgenössische Facharzttitel 2023.

Personelle Wechsel

Stürmisch ging es in der SIWF-Geschäftsleitung auch in puncto personeller Wechsel zu und her. Mit Dr. med. Nathalie Koch und Dr. med. Barbara Schild wurden zwei neue Vizepräsidentinnen gewählt, die nun die strategische Ebene des SIWF verstärken werden. Der langjährige Vizepräsident, Dr. med. Jean-Pierre Keller, wird Mitte 2024 nach 26 Jahren zurücktreten. Barbara Linder, stellvertretende Geschäftsführerin und Leiterin des Bereichs «Internationales», hat per Ende 2023 in eine Position als «Senior Legal Expert» gewechselt. Neu wird Anne-Sylvie Thiébaud Nori, bisher Leiterin des Bereichs «Recht», stellvertretende Geschäftsführerin und Leiterin des zusammengeführten Bereichs «Recht und Internationales». Und Christoph Hänggeli wird zukünftig nicht mehr als Geschäftsführer tätig sein, indes dem SIWF als externer Experte für juristische Fragen noch beratend zur Verfügung stehen.

Auch internationale Kontakte spielen für den wissenschaftlichen Austausch eine relevante Rolle.

Anfang 2023 konnte das SIWF für die Forschungsstelle eine hervorragende Ärztin mit einem PhD in Medical Education engagieren und im Herbst die Stabsstelle «Forschung und Entwicklung» ins Leben rufen. Dieser Bereich ist direkt der Präsidentin unterstellt, um die inhaltliche Strategie des SIWF wissenschaftlich zu untermauern. Die vier Mitarbeitenden arbeiten projektweise zusammen mit Medical Educators der schweizerischen Weiterbildungsstätten sowie assoziierten Forschenden und Doktorierenden. Auch internationale Kontakte spielen für den wissenschaftlichen Austausch eine relevante Rolle, um von den Erfahrungen anderer Länder zu lernen und unsere Erkenntnisse weiterzugeben.
Seit dem Sommer 2023 arbeitet zudem eine externe Beratungsfirma für das SIWF, die das Institut in der Prozessoptimierung bei der Erteilung der Facharzt- und Schwerpunkttitel unterstützt.

Erfolge und Highlights

2023 wartete auch mit Erfolgen auf. Ein Zwischenerfolg wurde bei der Akkreditierung 2025 erzielt. So konnte das SIWF die Standards mitentwickeln, einen Grossteil der Selbstevaluationsberichte für die Fachgesellschaften vorbereiten und damit das Akkreditierungsgesuch und alle 45 Selbstevaluationsberichte rechtzeitig bei der Schweizerischen Agentur für Akkreditierung und Qualitätssicherung (AAQ) einreichen. In der jetzt aktuellen Phase der externen Evaluation der Weiterbildungsgänge wird die AAQ virtuelle Roundtables mit den Fachgesellschaften und einem Gutachtendenteam organisieren und durchführen. Der Entscheid des Eidgenössischen Departements des Innern wird im August 2025 erwartet.

Wir sind auf viele Teilzeitmitarbeitende im Bereich der Reform der ärztlichen Weiterbildung angewiesen.

Ärztliche Weiterbildungsreform

Die Reform der ärztlichen Weiterbildung in der Schweiz mit der Erarbeitung von Entrustable Professional Activities (EPAs) nahm in den vergangenen Jahren rasant Fahrt auf, schritt 2023 weiter vorwärts und wird das SIWF auch zukünftig stark beschäftigen.
Aktuell arbeitet das SIWF mit über 30 Fachgesellschaften an der Erarbeitung von fachspezifischen EPAs. Die EPA-Kommission hat bereits mehrere Sets von fachspezifischen EPAs beurteilt, die nun bereit sind, in die entsprechenden Weiterbildungsprogramme integriert zu werden. Eine spezielle Arbeitsgruppe hat die Anforderungen an eine elektronische Applikation definiert, die die Beurteilung der Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung vereinfachen wird. Die Ausschreibung ist beendet und die Verhandlungen mit möglichen Firmen laufen. Die «Teach the teachers»-Kurse werden neu professionell administriert und haben einen neuen Webauftritt erhalten. Eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern der Schweizerischen Medizinischen Interfakultätskommission und des SIWF hat ihre Arbeit aufgenommen, um Ärztinnen und Ärzte mit einer Zusatzkompetenz in medizinischer Bildung durch eine Art Qualitätslabel sichtbarer zu machen. Weitere Pilotspitäler konnten gefunden werden, die zusammen mit dem SIWF den notwendigen Kulturwandel für eine hochstehende Weiterbildung ein- beziehungsweise weiterführen. Und auch in der Schweizerischen Ärztezeitung konnte die Serie mit Artikeln zur kompetenzbasierten Weiterbildung weitergeführt werden.
Um diese schon jetzt grosse und in Zukunft noch grösser werdende Arbeit stemmen zu können, war und ist das SIWF auf viele Teilzeitmitarbeitende im Bereich der Reform der ärztlichen Weiterbildung angewiesen. Diese Ärztinnen und Ärzte mit einer Zusatzkompetenz in medizinischer Bildung arbeiten auf Mandatsbasis. Ohne sie könnte die Reform der ärztlichen Weiterbildung nie so umfassend und dynamisch weitergebracht werden.

Weitere Aktivitäten

Mit viel Elan hat sich das SIWF auch eines alten und neuen Themas angenommen, der sogenannten «Allgemeinen Lernziele». Ein übergeordnetes Mandat, vergeben im Oktober 2022 an Hermann Amstad, konnte per November 2023 beendet werden. Ein erstes Mandat zur Patientensicherheit – eine Zusammenarbeit zwischen FMH und SIWF – konnte mit Prof. David Schwappach, PD Sven Staender und Prof. Wolf Hautz, alle ausgewiesene Experten zu dem Thema, exzellent besetzt werden. Im nächsten Jahr werden weitere Mandate zu den als am wichtigsten beurteilten Themen im Bereich der Allgemeinen Lernziele vergeben werden.
Durch einen verstärkten Kontakt mit der Stiftung WHM (Weiterbildung in Hausarztmedizin) konnte das SIWF die Reformbemühungen der Organisation unterstützen. Gerade im Bereich der Weiterbildung in den Praxen – vor allem auch ausserhalb der Hausarzt- und Kinder- und Jugendmedizin – muss sich das SIWF vermehrt engagieren, da die Verschiebung von vielen ärztlichen Tätigkeiten in den ambulanten Bereich auch die Weiterbildung unserer Ärztinnen und Ärzte beeinflussen wird.
Die drei häufigsten Fachgebiete 2023.

Besuch von Dr. Graham McMahon

Ein Jahreshighlight war der Besuch von Professor Graham McMahon, Chef der amerikanischen Akkreditierungsbehörde ACCME. Wir konnten von einem lebhaften Austausch über die Ausgestaltung der ärztlichen Fortbildung profitieren und er motivierte uns, über unser Modell der Fortbildungsakkreditierung nachzudenken.
Das strategische Ziel der ACCME lautet «Transforming education to improve health». Dies heisst frei übersetzt nach den Worten des Councils: Durch den Einfluss auf die (Fort-)Bildung soll letztlich die Qualität der Patientenbehandlung gestärkt werden. Dabei werden nicht einfach Veranstaltungen akkreditiert, sondern die Veranstalter selbst, die dann über eine definierte Zeitperiode direkt Credits an Veranstaltungen vergeben dürfen. Es besteht keinerlei Verbindung zur Pharmaindustrie – im Gegenteil, diese wird bewusst auf Distanz gehalten.
Im Zuge der Reform unserer ärztlichen Weiterbildung wird das SIWF zukünftig auch den Bereich der Fortbildung unter die Lupe nehmen und den veränderten Anforderungen anpassen, sodass Ärztinnen und Ärzte ihre Kompetenzen bis zum Ende ihrer beruflichen Laufbahn erhalten oder sogar erweitern können.

Durch den Einfluss auf die Fortbildung soll letztlich die Qualität der Patientenbehandlung gestärkt werden.

Internationale Vernetzung

An der ersten Konferenz zur Modernisierung der ärztlichen Weiterbildung im April 2023 war das SIWF von der Union Européenne des Médecins Spécialistes als Expertin eingeladen und konnte seine Reform in Bezug auf die Einführung der kompetenzbasierten Bildung und der EPAs vorstellen.
Die internationale Vernetzung im Rahmen der Bildungsreform konnte nicht nur auf der politischen und strategischen europäischen Ebene intensiviert werden. Ebenso konnten die Verbindungen mit dem internationalen Netzwerk der Experten und Expertinnen in der kompetenzbasierten medizinischen Bildung (ICBME) verstärkt werden. Auch war das SIWF an der Vorbereitung des ersten Symposiums «MedEd on the Edge» beteiligt, das im Oktober 2023 am Karolinska Institut und am gleichnamigen Spital in Stockholm stattfand und die internationalen Kontakte weiter verstärkte.

Zehn Jahre MedEd

Am 13. September 2023 veranstaltete das SIWF im Casino in Bern zum zehnten Mal das MedEd-Symposium. Besonders erfreulich: Der Netzwerk-Gedanke der Veranstaltung wird gelebt und viele der Teilnehmenden sind von Jahr zu Jahr wieder dabei.
Das Zehn-Jahr-Jubiläum bot Gelegenheit, auf die Entwicklung der ärztlichen Bildung zurückzublicken und Erkenntnisse und Visionen für die Zukunft zu formulieren. Die rund 200 Teilnehmenden erfuhren von Dr. med. Raphaël Bonvin, welche Innovationen die medizinische Ausbildung geprägt haben und wie sie sich auf die Weiterbildung auswirken. Aus theoretischer Sicht wurde ein interessanter Einblick in die Hirnforschung gewährt: Der Neuropsychologe Prof. Dr. rer. nat. Lutz Jäcke stellte die Frage, ob das Gehirn für die zukünftige Kommunikation bereit sei. Vom Standpunkt der klinischen Ethik berichtete Prof. Dr. med. Tanja Krones gemeinsam mit Dr. sc. med. Settimio Monteverde, PhD, über das Quiet Quitting, jener Arbeitshaltung, die darin besteht, nicht mehr zu leisten, als vertraglich verlangt wird. Ein weiterer Schwerpunkt der Tagung betraf die Patient Safety, beleuchtet durch PD Dr. med. Sven Staender, Anästhesist und Intensivmediziner, der massgeblich an der Entwicklung des CIRS (Critical Incidence Reporting System) beteiligt war. Wie in den Vorjahren wurden die Vorträge um interaktive Workshops ergänzt, die sehr gut besucht wurden.
Austausch und Beziehungspflege: Der Netzwerk-Gedanke wird gelebt.
© Medworld AG, Steinhausen
Prof. Dr. rer. nat. Lutz Jäncke zur Frage: «Ist das Hirn für die zukünftige Kommunikation bereit?»
© Medworld AG, Steinhausen
Die zahlreichen Aufgaben und Themen, gepaart mit den vielen personellen Wechseln waren und sind herausfordernd. Das SIWF blickt indes angesichts des frischen Schwungs zuversichtlich in die Zukunft. Als Kompetenzzentrum für die ärztliche Weiter- und Fortbildung wird sich das SIWF unablässig den Herausforderungen stellen und sich weiterhin dafür engagieren, dass es in der Schweiz gut ausgebildete Ärztinnen und Ärzte gibt.
Lesen Sie mehr dazu im soeben veröffentlichten SIWF-Geschäftsbericht: www.report2023.siwf.ch.
info[at]siwf.ch